Wolfgang Melzer

(Rednerladen)

Aus meinen Sudelbüchern
Beobachtungen, Betrachtungen, Einfälle, wie sie gerade anfallen.

10.07.2023

Alberne doppelte Konjunktive

In letzter Zeit häufen sich in den Medien seltsame Konjunktive. (Den “Qualitäts-Medien” wohlgemerkt, für die anderen habe ich schon länger keine Hoffnung mehr.) Da wird vor möglichen Risiken einer Entscheidung gewarnt, und ich frage mich, welche Funktion dieses möglich im Satz erfüllen soll. Reicht es denn nicht, vor Risiken zu warnen? Glaubt der Sprecher vielleicht, die Zuhörer wüssten nicht, dass Risiken allein schon mögliche negative Folgen einer Entscheidung bezeichnen? Es könnte sich um den albernen Versuch handeln, die Aussage zu verstärken, indem gesagt wird, es werde vor möglichen negativen Folgen gewarnt, die wirklich möglich seien. Hmm!
Oder verwendet der Sprecher dieses möglich im Gegenteil dafür, seine Distanz zum Gesagten auszudrücken, die Risiken für die Ohren der Zuhörer abzuschwächen, indem er es in die Nähe von angeblich rückt.
Stellt er die Glaubwürdigkeit der Quelle in Frage, die vor den Risiken gewarnt hat. Warum wird es dann überhaupt wiedergegeben? Wiederum: Hmm!
Bleibt als dritte Möglichkeit: Wir haben es mit verblasenem Geschwätz zu tun, das Genauigkeit vor sich her trägt, sie aber nur simuliert.

Ähnlich liegen die Fälle, wenn von mutmaßlichen Verdächtigen die Rede ist, oder davon, dass XY als möglicher Kandidat in Frage kommt bzw. in irgendwelchen Kreisen als solcher gehandelt wird.
Mir wäre es lieb, wenn den Verwendern solcher Formulierungen wegen des Verdachts auf Sprachverhunzung offiziell eine Taube Nuss an das Revers geheftet würde.
Oder sollte ich doch besser schreiben, wegen des möglichen Verdachts?

Admin - 11:42:19 | 1 Kommentar